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Thema: Private Clients , Tax
Zeitung: NZZ
Lesezeit: 4 Min
16.06.2022

Das neue Trustrecht steht auf dem Prüfstand

Bei den steuerlichen Konsequenzen muss der Bund nachbessern.

Das geltende schweizerische Recht enthält noch keine eigenen Bestimmungen zum Trust. Wer in der Schweiz einen Trust errichten will, muss aktuell auf ausländische Rechtsordnungen zurückgreifen. Solche Trusts sind weit verbreitet und werden seit dem Inkrafttreten des Haager Trust-Übereinkommens im 2007 hier anerkannt.

Damit ein Umweg über fremde Rechtsordnungen künftig nicht mehr notwendig wird und um den Wirtschaftsstandort Schweiz zu stärken, hat das Parlament den Bundesrat beauftragt, die rechtlichen Grundlagen für einen Schweizer Trust zu schaffen. Am 12. Januar 2022 schickte der Bundesrat den Vorentwurf zur Einführung des Rechtsinstituts des Trusts in die Vernehmlassung. Die Frist zur Vernehmlassung ist am 30. April 2022 abgelaufen. Es liegen rund 475 Seiten Rückmeldungen von Interessengruppen vor, welche es nun zu konsolidieren gilt.

Was ist ein Trust?

Ähnlich wie die Stiftung dient der Trust der Widmung eines Vermögens zu einem besonderen Zweck. Hingegen verfügt der Trust über keine eigene Rechtspersönlichkeit. Abzugrenzen ist er auch von der schweizerischen Treuhand, denn es handelt sich beim Trust nicht um ein blosses Vertragsverhältnis. Der Trust ist äusserst flexibel und kann zahlreiche Funktionen erfüllen. Im familiären Bereich findet er häufig in der Nachlassplanung Verwendung, in der Wirtschaft beispielsweise zur Finanzierung von Investitionen und Transaktionen.

Entwickelt wurde dieses Instrument im angelsächsischen Rechtskreis. Der Begründer unterstellt auf Basis einer Errichtungsurkunde bestimmte Vermögenswerte der Aufsicht einer Person – des Trustees –, damit diese sie im Interesse der Begünstigten oder für einen bestimmten Zweck verwaltet und verwendet. Der Trust kann vom Begründer entweder durch ein Rechtsgeschäft oder testamentarisch errichtet werden.

Der im Vorentwurf vorgesehene Schweizer Trust weist die wesentlichen Charakteristika eines Trusts nach angelsächsischem Recht auf und stimmt mit dem Verständnis des Trusts gemäss Haager Trust-Übereinkommen überein. Vorgeschlagen wird eine Implementierung des Trusts im Obligationenrecht sowie eine entsprechende Anpassung bestimmter Bundesgesetze. Wesentlich ist die Pflicht des Trustees zur Identifikation und Überprüfung sämtlicher Akteure im Umfeld eines Trusts, darin eingeschlossen die wirtschaftlich Berechtigten. Damit wird die Pflicht der Schweiz bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung sowie im Bereich der Steuertransparenz umgesetzt.

Relevante Steuerbestimmungen

In der Schweiz erfolgt die Besteuerung von Trustverhältnissen zurzeit auf Basis der allgemeinen steuerlichen Grundsätze sowie gestützt auf zwei Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung und der Schweizerischen Steuerkonferenz. Dieses Vorgehen hat sich in der Praxis bewährt. Nun soll eine Änderung in Bezug auf die Besteuerung des sogenannten "irrevocable discretionary trust" erfolgen.

Beim «irrevocable trust» handelt es sich um eine definitive, unwiderrufliche Widmung von Vermögenswerten durch den Begründer. Ist der Trust zusätzlich «discretionary», sind in der Errichtungsurkunde lediglich Kategorien von möglichen Begünstigten genannt. Das Trustvermögen befindet sich dann «in der Schwebe», und wer in den Genuss von Zuwendungen des «discretionary trusts» kommen soll, entscheidet der Trustee. Gegenwärtig resultieren Steuerfolgen in der Schweiz nur mit einer Ausschüttung an einen Begünstigten, der in der Schweiz steuerpflichtig ist, oder sofern der Begründer bei Errichtung seinen Wohnsitz in der Schweiz hat. Bis anhin verfügt der Trust somit für Schweizer Steuerzwecke über keine eigene Rechtspersönlichkeit, und ausländische Begründer oder Begünstigte sind hier nicht steuerpflichtig.

Der Vorschlag des Bundesrats möchte das grundlegend ändern. Neu soll für einen Begründer mit Wohnsitz im Ausland das Trusteinkommen und -vermögen beim «irrevocable discretionary trust» – analog zur Stiftung – dem Trust zugerechnet und dieser damit als selbständiges Steuersubjekt behandelt werden, sofern mindestens ein möglicher Begünstigter in der Schweiz steuerpflichtig ist. Mit einem Schweizer Trust mit steuerlichen Nachteilen gegenüber anderen Jurisdiktionen wäre niemandem gedient. Erst recht nicht dem Standort Schweiz, wo hier ansässige Trustees seit Jahrzehnten mit der Führung ausländischer Trusts die verschiedenen Dienstleistungen der Finanzindustrie ergänzen. Wird auf die Änderungen von Schweizer Steuergesetzen verzichtet, ginge kein Schweizer Steuersubstrat verloren und auch die Attraktivität des Trusts für den Wirtschaftsstandort Schweiz bliebe erhalten.

Schliesslich ist auch auf den Wertungswiderspruch hinzuweisen, der sich ergäbe, sollte ein Schweizer Trust eingeführt werden, ohne gleichzeitig die Restriktionen zulässiger Familienstiftungen massvoll anzupassen. Es wäre kaum erklärbar, wenn bei einer Familienstiftung weiterhin verboten bleiben würde, was ein Schweizer Trust umsetzen darf.