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Thema: Competition & Regulatory Matters
Autor: Marino Baldi
Zeitung: NZZ
Lesezeit: 2 Min
19.04.2023

UBS – Wettbewerb sichern

Gastkommentar von Marino Baldi und Felix Schraner. Marino Baldi ist Of Counsel bei Prager Dreifuss; Felix Schraner ist Partner bei Ixar Legal AG.

Am 19. März 2023 übernahm die UBS auf Geheiss des Bundesrates scheinbar Knall auf Fall die Credit Suisse. Dies zum Schutz des schweizerischen Finanzsystems. Entstanden ist ein Bankenkoloss, dessen Bilanzsumme von 1,5 Billionen Dollar mehr als doppelt so gross ist wie das Bruttoinlandprodukt der Schweiz. Die Auswirkungen der Fusion auf den Wettbewerb standen bisher nicht im Fokus der Diskussion. Für die Realwirtschaft sind diese jedoch zentral.

So sind denn erhebliche Beeinträchtigungen des Wettbewerbs zu befürchten. Es gibt Tausende von Unternehmen, die zahlreiche Bankgeschäfte nunmehr nur noch mit der neuen UBS abwickeln können. Betroffen sind davon nicht nur grosse multinationale Firmen mit ihrer Nachfrage nach hochkomplexen Finanzdienstleistungen (z. B. im Devisenbereich), sondern auch zahlreiche international tätige KMU.

Ein Grossteil der auf besondere Dynamik ausgerichteten schweizerischen Wirtschaft braucht nämlich die vielfältigen Funktionen einer (schweizerischen) Universalbank wie der UBS – oder bisher der CS. Er ist auf Kredite, Lohnzahlungen und Pensionskassendienste möglichst aus einer Hand angewiesen. Dabei ist Wettbewerb mit rivalisierenden Anbietern besonders wichtig. Dieser Wettbewerb kann, was die Auslandfinanzierungen betrifft, jedenfalls nicht primär von den schweizerischen Kantonal- oder anderen Regionalbanken kommen.

Angesprochen ist somit auch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das für die schweizerische Aussenwirtschaftspolitik zuständige Organ des Bundes. In der Schweiz wird bekanntlich jeder zweite Franken im Ausland verdient. Dabei müssen vom Export abhängige Unternehmen bereits heute eine Reihe von Handicaps im Vergleich zu Konkurrenten aus anderen Ländern in Kauf nehmen – so etwa hohe Kosten und Preise, eine starke Währung, nichttarifarische Handelshemmnisse mangels Regelungen mit der EU.

In einer solchen Situation fallen suboptimale Finanzierungsbedingungen, wie sie sich aufgrund fehlenden Wettbewerbs unter Banken bzw. vorliegend des Wegfalls eines wichtigen wettbewerblichen Akteurs ergeben können, besonders ins Gewicht. Erst recht wird es unabdingbar sein, dass bei den noch ausstehenden Verhandlungen zwischen den Bundesbehörden und der UBS Zusammenschlussbedingungen formuliert werden, die nicht zu Beschränkungen des Wettbewerbs führen. Das Seco wird sich in diesem Sinne an die Weko und die Finma wenden müssen.

Die Behörden sind gesetzlich verpflichtet, allfällige schädliche Auswirkungen des Zusammenschlusses zu verhindern und damit den Wettbewerb im Interesse einer freiheitlichen marktwirtschaftlichen Ordnung zu fördern. Sie sind durch das Kartellgesetz gehalten, Fusionen nicht eilfertig, das heisst ohne eingehende Prüfung und gebührliche Berücksichtigung der wettbewerblichen Aspekte, zuzulassen.

Falls es an dieser Sorgfalt mangelt, stehen zur Sicherung des Wettbewerbs auf dem Bankenplatz Schweiz immerhin gesetzgeberische Instrumente bereit. Schon heute ist die permanente Kontrolle von marktmächtigen Unternehmen durchaus möglich. Erst recht kann die Weko gestützt auf das Kartellgesetz allfällige Missbräuche der neuen UBS (z. B. bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen) untersagen und mit Sanktionen belegen. Zudem könnten rasch gesetzliche Grössenbeschränkungen in Form von Obergrenzen über das zulässige Mass des internen und/oder externen Unternehmenswachstums eingeführt werden. Schliesslich ist auch an die Aufnahme einer Entflechtungsmöglichkeit ins Kartellgesetz zu denken, wie sie z. B. die USA bereits kennen und sie Deutschland einzuführen gedenkt.

Sollten also die zuständigen Behörden ihrem Auftrag nicht nachkommen, ist es am Gesetzgeber, durch die rasche Einführung schärferer Instrumente das Ungetüm zu bändigen, um den Wettbewerb in der Schweiz zugunsten der hiesigen Unternehmen, vor allem der international tätigen KMU, zu gewährleisten.