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Label: Highlight
Thema: Corporate & M&A
Autor: Guy Deillon
Zeitung: NZZ
Lesezeit: 3 Min
27.08.2022

Unternehmensnachfolge in der Generation Z

Der Verkauf an einen Privat-Equity-Fonds sollte bei der Nachfolgeregelung geprüft werden

Vom Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Erbfolge durch das sogenannte Erstgeburtsrecht geregelt. Demnach wurde der älteste Sohn der Familie bevorzugt, auf Kosten der Jüngeren und sowieso der Töchter. Schon im 14. und 15. Jahrhundert war es aber möglich, die Erbfolge anders zu gestalten. In einigen Ländern, wie etwa in Frankreich, galt das Erstgeburtsrecht primär für Adelsfamilien, um die Integrität der Herrschaften und Besitztümer zu wahren. Das Bürgertum ahmte diese Praxis im Zuge seines gesellschaftlichen Aufstiegs nach.

Diese Tradition konnte sich lange halten, noch bis im letzten Jahrhundert war es üblich, dass ein Unternehmer seinen ältesten Sohn zum Nachfolger ausbildete. Dies hat sich glücklicherweise geändert. Nicht nur werden Unternehmen an Töchter oder jüngere Geschwister übergeben, inzwischen haben sich auch unterschiedliche Modelle etabliert, bei denen sich einige Kinder aktiv am Unternehmen beteiligen, während andere eine passive Investorenrolle beibehalten können.

Gerechter Anteil am Wert

In der Regel klärt ein Aktionärsbindungsvertrag die Beziehungen zwischen den Erben. So ist es unter anderem von entscheidender Bedeutung, dass die Rolle und die Gewinnbeteiligung der Aktionäre je nach ihrer Einbindung klar unterschieden werden. Nachkommen, die aktiv an der Führung des Unternehmens beteiligt sind, sollten sich selbst kein übermässiges Gehalt zahlen und damit die Passiven benachteiligen. Der Vertrag sollte umgekehrt auch sicherstellen, dass die Aktiven ihren gerechten Anteil an dem von ihnen geschaffenen Wert erhalten.

Externe Lösungen prüfen

Selbst diese Modelle scheinen heute jedoch bereits überholt zu sein. Die Erben der Generation Z möchten nun ihr Schicksal selbst bestimmen und nicht nur ihren Beruf, sondern auch den Zweck ihrer Investitionen wählen können, statt einen grossen Teil ihres Vermögens im Familienunternehmen zu belassen. Diese völlig legitimen Wünsche bleiben nicht ohne Auswirkungen auf einen Unternehmer, der nun auch eine "externe" Lösung für seine Nachfolge finden muss. Es stehen ihm heutzutage zahlreiche Optionen zur Verfügung. Eine davon verdient es, näher betrachtet zu werden: der Verkauf an einen Private-Equity-Fond.

Private-Equity-Fonds geniessen nicht überall einen guten Ruf. Die Realität sieht jedoch oft anders aus und einige gelten in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Fragen als führend. Im Kern ist ein Private-Equity-Fonds ein Instrument, das Geld von Anlegern bündelt, welche in Unternehmen investieren möchten, die – anders als etwa börsenkotierte – nicht öffentlich handelbar sind. Der Fonds wird von einem General Partner verwaltet, der nach potenziellen Zielen sucht und das von den Anlegern beschaffte Geld nach vorab festgelegten Kriterien investiert, um mittelfristig eine bestimmte Rendite zu erzielen. Die Vergütung des General Partners korreliert weitgehend mit der Performance des Fonds und damit dem Interesse der Anleger.

Der Verkauf eines Familienunternehmens an einen Private-Equity-Fond ist nicht für alle KMU gleichermassen möglich. So muss ein KMU einen bestimmten Umsatz erzielen und Wachstumschancen haben, damit ein Fonds Interesse zeigt.

Auch wenn es manchmal vorkommt, dass ein Fond direkt an die Tür eines Unternehmers klopft, ist es nicht immer einfach, die Aufmerksamkeit des idealen Fonds zu erlangen, um sein Unternehmen zu übergeben. Um die Chancen auf eine Übernahme zu maximieren, empfiehlt es sich, einen Finanzberater oder eine Investmentbank einzuschalten. Sie helfen dank ihrem Netzwerk, den richtigen Käufer zu finden und können auch den Erlös des Verkaufs optimieren. indem sie eine Auktion organisieren, zu der mehrere Investoren eingeladen werden.

Zeitlicher Horizont ist begrenzt

In diesem Prozess wird das KMU von verschiedenen Experten für Technologie, Finanzen und Recht unter die Lupe genommen, um sicherzustellen, dass das Unternehmen gesund ist. Für das KMU ist dies oft eine unangenehme Phase, aber dennoch ermöglicht diese Art von Check-up, Probleme zu erkennen und vor allem zu beheben. Dies vermittelt nicht nur ein besseres Bild des Unternehmens, sondern beschleunigt vor allem den Verkaufsprozess.

In diesem Zusammenhang sind auch steuerliche Aspekte zu antizipieren. Besonders eine Umqualifizierung des Verkaufserlöses – der als Kapitalgewinn in der Regel von der Besteuerung ausgenommen ist – durch die Steuerbehörden gilt es zu vermeiden.

Doch zurück zum Thema: Selbst, wenn einige Vertreter der neuen Generation das Familienunternehmen nicht übernehmen wollen, möchte oft ein Teil der Erben gern der Firma verbunden bleiben. Dies ist durchaus mit der Beteiligung eines Private-Equity-Fonds vereinbar, der es positiv sieht (oder es teils sogar verlangt), wenn der Unternehmer, seine Kinder und allenfalls die Geschäftsleitung eine Beteiligung am Unternehmen behalten. Auch hier gilt, dass eine solche Investition die Interessen aller Beteiligten in Einklang bringt. Man darf jedoch nicht vergessen, dass der Fonds meist nur einen begrenzten Investitionshorizont hat, und er deswegen das Unternehmen innerhalb von fünf bis zehn Jahren wieder verkaufen will.