2 Das Betreibungswesen wird modernisiert | Prager Dreifuss
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Thema: Dispute Resolution
Zeitung: NZZ
Lesezeit: 3 Min
21.07.2025

Das Betreibungswesen wird modernisiert

Ein neuer Gesetzentwurf soll Schlupflöcher schliessen und Prozesse vereinfachen.

Viele kennen die Situation: Eine Rechnung bleibt unbezahlt, weil sie einem ungerechtfertigt erscheint. Das mag in Einzelfällen legitim sein, doch oft folgt prompt eine Betreibung – nicht selten als Druckmittel. Ob berechtigt oder nicht, es gibt einen Eintrag im Betreibungsregister. Er kann das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen.

Vermieter verlangen bei der Wohnungssuche regelmässig einen Registerauszug, ebenso Banken bei Kredit- oder Leasingverträgen. Rechtlich betrachtet ist die Bedeutung eines Betreibungsregisterauszugs jedoch fragwürdig. Er spiegelt weder die finanzielle Lage noch das Zahlungsverhalten einer Person zuverlässig. Denn eine Betreibung kann fast ohne Hürden eingeleitet werden, und der Eintrag erscheint unabhängig von der Berechtigung der Forderung.

Am 14. August 2024 kündigte der Bundesrat an, Missbrauch zu bekämpfen und das Betreibungswesen zu modernisieren. Geplant sind Änderungen im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG). Die Vernehmlassung ist abgeschlossen, die Botschaft ans Parlament verabschiedet. Doch was sieht der Entwurf konkret vor?

Missbrauch bekämpfen

Ein Betreibungsregisterauszug zeigt derzeit nur, ob eine Person bei einem bestimmten Betreibungsamt verzeichnet ist. Das öffnet Missbrauch Tür und Tor: Wer eine schlechte Zahlungsmoral hat, kann von jedem Amt, bei dem keine Betreibung vorliegt, einen «sauberen» Auszug erhalten. Beispiele: Eine Person aus Pfäffikon erhält vom Betreibungsamt einer anderen Gemeinde die Bestätigung, dass dort keine Betreibungen registriert seien – obwohl sie in Pfäffikon mehrfach betrieben wurde. Ebenfalls kann eine Person mit vielen Betreibungen umziehen und erhält dann ohne Weiteres am neuen Wohnort einen leeren Auszug.

Der Bundesrat will diese Schlupflöcher möglichst schliessen. Künftig soll der Auszug auch angeben, ob und in welchem Zeitraum die Person im Einwohnerregister des Betreibungskreises gemeldet war. So wird ersichtlich, ob ein «leerer» Auszug aus einer Gemeinde stammt, in der die Person gar nicht wohnt oder in die sie erst kürzlich zugezogen ist.

Die Möglichkeit einer schweizweiten, vernetzten Betreibungsauskunft zu bekämpfen, wurde vom Bundesrat nicht weiterverfolgt. Er wies aber darauf hin, dass eine solche Lösung immer noch geschaffen werden könne.

Eine digitale Zustellung von Betreibungsdokumenten spart Kosten und schont Ressourcen. Jedoch herrscht Unsicherheit – besonders bei Verlustscheinen –, ob sie elektronisch zugestellt werden dürfen. Der Bundesrat schlägt daher vor, Mitteilungen, Verfügungen und Entscheide elektronisch zu übermitteln, sofern dies ausdrücklich gewünscht wird oder sofern die Eingaben elektronisch erfolgte und nicht ausdrücklich eine Zustellung auf Papier verlangt wird. Eine Ausnahme bleibt der Zahlungsbefehl – das Dokument, mit dem der Schuldner von der Betreibung erfährt und diese per Rechtsvorschlag stoppen kann. Es soll weiterhin vorrangig im Original zugestellt werden.

Online-Versteigerung möglich

Allerdings könnte der Zahlungsbefehl künftig auch elektronisch zugestellt werden, wenn der Schuldner zustimmt und eine erste Zustellung scheitert. Voraussetzungen: Der Schuldner muss sicher identifiziert sein, den Inhalt des Zahlungsbefehls zur Kenntnis nehmen und sofort elektronisch Rechtsvorschlag erheben können. Ob sich diese Regelung durchsetzt, bleibt abzuwarten.

Im Zwangsvollstreckungsverfahren verkauft das Betreibungs- oder Konkursamt Vermögenswerte des Schuldners, um Gläubiger zu befriedigen. Eine Möglichkeit ist die öffentliche Versteigerung. Ob dabei Online-Plattformen genutzt werden dürfen, ist jedoch unklar. Online-Versteigerungen sind effizient, kostengünstig und erreichen ein breites Publikum. Einige Betreibungsämter nutzen sie bereits – teils über kommerzielle Plattformen, teils über eigene.

Doch die fehlende gesetzliche Grundlage schafft Rechtsunsicherheit. Der Bundesrat will daher erlauben, bewegliche Vermögenswerte über Online-Plattformen zu versteigern. Grundstücke bleiben davon ausgenommen.